Musik
Sam Blaser – Geschichten aus Zuckerwatte und Alltag
Ein musikalisches Porträt von einem, der zuhört, hinschaut und singt. Wenn Sam Blaser auf die Bühne tritt, trägt er keine Sonnenbrille, keine Lederjacke, kein Rockstar-Gehabe. Was er trägt, sind Geschichten. Mal berndeutsch, mal englisch – aber immer aus dem echten Leben. Seine neue EP „Zuckerwatte“ klingt dabei wie ein leiser Aufstand gegen musikalische Schubladen. Zwischen Indie, Pop, Rock und Poesie zeigt der Thuner Singer-Songwriter, wie viel Tiefe in einem Song von drei Minuten stecken kann und wie viel Herz in einer Gitarre.
Vom Zufall auf die Bühne
Seine erste Bühne fand Blaser nicht über ein Management oder ein Casting, sondern ganz unspektakulär im Januar 2019 an einer Open-Stage-Show in Schaffhausen. „Gefällt mir“, dachte er nach dem Auftritt. Und nicht nur er: Ein Veranstalter im Publikum buchte ihn direkt für ein Strassenfestival. Was folgte, war ein stiller, aber stetiger Aufstieg. 70 Auftritte später hat Blaser nicht nur Festivalbühnen bespielt, sondern auch sieben Singles, eine erste EP und fünf Musikvideos veröffentlicht.
Doch Karriere war nie sein Hauptantrieb. „Ich will Geschichten erzählen“, sagt Blaser. Geschichten, die das Leben schreibt und die er in Songs giesst, die mal rocken, mal flüstern und mal tanzen.
Zuckerwatte – süss, ehrlich, melancholisch
Seine zweite EP „Zuckerwatte“ ist ein Kaleidoskop der Kontraste: sanft und rau, verspielt und präzise. Vier Songs, alle in berndeutscher Sprache, die zeigen, wie weit Mundart-Pop gehen kann, wenn man ihm Raum lässt.
Der Opener „Bar in Turku“ erzählt vom Leben eines finnischen Barkeepers, ein bodenständiger Mundartrock-Song, der klingt wie ein Kneipengespräch auf Augenhöhe, zwischen Melancholie und Lakonie.
„Ds Meitschi vo nirgendwo“ hingegen ist ein zartes Piano-Stück über eine flüchtige Begegnung. Kein grosses Drama, sondern ein Moment, der bleibt – und den Blaser mit feiner Beobachtung in Klang verwandelt.
So funktioniert sein Songwriting: Nicht laut, aber klar. Keine Pose, kein Pathos – sondern Nähe.
Intimität auf der Bühne
Was Blasers Musik besonders macht, zeigt sich auf der Bühne. Zwischen Loopstation, Gitarre und zurückhaltendem Charisma entsteht eine Intimität, die in der heutigen Zeit selten geworden ist. Seine Konzerte sind keine Show – sie sind Begegnung. Zwischen Zuhörern, Klang und Erzählung.
Dabei gelingt ihm ein Spagat, der viele Künstler scheitern lässt: Er pendelt zwischen Singer-Songwriter-Tradition, modernem Sounddesign und einem bodenständigen Selbstverständnis als Handwerker mit Gitarre.
Der leise Künstler mit klarer Stimme
Sam Blaser ist kein lauter Künstler. Er wird sich kaum je ins Zentrum brüllen oder um Aufmerksamkeit buhlen. Und vielleicht ist es genau das, was seine Songs so stark macht. Sie wollen nicht gefallen – sie erzählen.
Und während sich viele Mundartkünstler in Klischees oder Nostalgie verlieren, geht Blaser seinen eigenen Weg: einer, der auf Begegnung statt Bierzelt setzt, auf Echtheit statt Effekt.
Sam Blaser ist ein Songwriter, dem man zuhören muss, um ihn zu verstehen – und den man versteht, sobald man ihm zuhört. „Zuckerwatte“ ist keine Pop-Süssigkeit, sondern eine musikalische Momentaufnahme voller Wahrhaftigkeit. Wer wissen will, wie moderne Schweizer Musik heute klingen kann – sollte hinhören.
EP-Tipp:
Zuckerwatte (VÖ: 2024)
4 Songs auf Berndeutsch – für Fans von Faber, Dabu Fantastic und Züri West.
